Missverständnis

Ich ging spät ins Bett, nachdem ich stundenlang Fernseher geschaut hatte. Natürlich war nichts wirklich Interessantes gekommen. Doch es hatte geholfen, an etwas anderes zu denken. Es war längst über Mitternacht hinaus, als ich endlich die Kiste ausschaltete und mich zum Schlafen hinlegte. Draußen wehte ein Wind, der Rollladen klapperte, irgendetwas schlug gegen die Hauswand und vor dem Haus bogen sich knarrend die alten Bäume. Einschlafen konnte ich nicht. Ich setzte mir die Kopfhörer auf, die auf meinem Nachttisch lagen, und hörte Musik. Doch schon bald ging es mir auf die Nerven. Nachdem ich sie ausgemacht hatte stand ich auf, schlich die Treppen hinunter um etwas zu Trinken zu holen. Langsam ließ ich das Glas mit kaltem Wasser aus dem Hahn voll laufen, starrte auf die weißen Kacheln an der Wand – und schreckte auf, als mir eiskalt das Wasser über die Hand lief. Kopfschüttelnd stellte ich das Wasser ab, hob vorsichtig das volle Glas an meine Lippen und nahm einen Schluck. Ich lehnte mich an die Wand, schaute aus dem Fenster,  trank und lief unruhig umher. Als das Glas leer war, stellte ich es auf die Spüle, trottete nach oben, zog den quietschenden Rollladen hoch und stellte mich ans Fenster Ich sah Nichts außer dem Schwarz der Nacht, hörte aber den Wind und stellte mir vor, wie er durch die engen Gassen fegte, den Müll aufwirbelte die Bäume zum wippen brachte und um die Hausecken pfiff. Meine Augen wurden Müde, uns mit halb geschlossenen Liedern suchte ich mir tastend den Weg zum Bett. Zum zweiten Mal in dieser Nacht legte ich mich hinein, ohne schlafen zu können. Doch ich wusste, es war nicht der Wind, der mich wach hielt und ich hatte auch eigentlich keinen Durst.  Das Einzige, was mich beschäftigte und was ich versuchte zu vergessen war der ständig wiederkommende Gedanke in meinem Kopf. Und ich hoffte, dass all das ein Missverständnis gewesen war.

(c) by Anouk  02.03.08